Drühl, Sven: Analoge Scheiben, Kunst Bulletin, März 2002
Drühl, Sven: Analoge Scheiben, Marabo Magazin, März 2002

EBERHARD BOSSLET IN DER GALERIE BOCHYNEK

Zum zweiten Mal präsentiert der ehemalige Documenta-Teilnehmer und jetzige Dresdner Akademieprofessor Eberhard Bosslet ungewöhnliche Werke in der Düsseldorfer Galerie von Martin Bochynek.

Bosslet wurde durch seine massiven grossformatigen Arbeiten aus dem Spannungsfeld von industrieller Technik und Kunst bekannt. Verstrebungen, Hochdruck-Hebekissen, Gummireifen, Schläuche und Druckluftflaschen bilden in seinem Werk das Ausgangsmaterial für die bildhauerische Befragung von Kontexten, Räumen und dem vorherrschenden Skulpturverständnis. Doch auch im Feld der Malerei hat Bosslet stets die gängigen Genregrenzen befragt, er malte seit den achtziger Jahren mit Lacken auf ungewöhnliche, meist zweckentfremdete Bildträger wie etwa Bruchglas, Autoscheiben oder plastifiziertes Segeltuch. Jetzt zeigt er in der aktuellen Ausstellung ‹Analoge Scheiben› reduzierte, beinahe emblematische Malerei auf Trampolinen. Hierbei geht es gleichzeitig um die Erweiterung des Malereibegriffs, um eine Art Ready-made und um die Verquickung von malerischen, installativen und bildhauerischen Elementen. Bosslet nutzt den Trampolinstoff für seine runden Bilder, die durch die Form an klassische Rundgemälde erinnern, allerdings füllt er sie mit allerhand zeitgeistigen popkulturell inspirierten Zeichen – da gibt es das Plastikinlet zum Abspielen von Vinyl-Singles, aber auch das Haltekreuz von CD-Hüllen, das Symbol für Radioaktivität und einfache monochrome Scheiben. Überall werden Anspielungen auf eigenständige Kontexte eingestreut, nichts ist gestisch oder frei komponiert, alles hat seine Vorbilder. Die Reihung der kreisrunden gleich grossen Gemälde-Objekte verstärkt den konzeptuellen Charakter der Arbeit, die Metallfederverstrebung des Trampolinrahmens knöpft formal direkt an die bildhauerische Materialsprache Bosslets an. Daher fügen sich die ‹Scheiben› noch stimmiger ins Gesamtwerk als beispielsweise die grossartigen ‹Trabanten›, bestehend aus mehreren zu skurrilen Zweikörpern aneinandergesetzten Lampen vom Trödel und einem Konglomerat aus alten Föhnen.
Sven Drühl