DE – Schneider, Leo; Radiokommentar zur Ausstellung Eberhard Bosslet – Dingsda im Saarland Museum Saarbrücken, SWF 2012

Zum vollen Genuss dieser Ausstellung gehört das Wissen um das Saarbrücker Kulturdesaster, das Meinrad Maria Grewenig nach dem unrühmlichen Verschwinden seines Vorgängers in einem Sumpf von Filz, Vetternwirtschaft und Schlamperei geerbt hat. Noch immer steht der komplett aus den Kostenruder gelaufene neue Pavillon des Saarland Museums als Rohbau herum. Nun allerdings von von sanften Stroboskop-Blitzen innen beleuchtet. Museumsleiter und Künstler haben wohl mit dieser Arbeit auf die ewigen Baustelle aufmerksam machen wollen. Das ist auch die moderne Galerie nebenan, deren Sanierung immer noch nicht abgeschlossen ist. Und so darf die Baustelle, die Bosslet darin installiert hat, durchaus als unter bissiger Kommentar auf die Saarbrücker Kunstruinenbaumeister verstanden werden. Da stehen in einem kniehohen Kiesbett sechs alte Betonmischmaschinen herum, deren Trommeln sich rasselnd im Kreis drehen, während daneben ein arg mitgenommenes Kofferradio die Hits des Lokalsenders abdudelt. Alles dreht sich in rastloser Bewegung, aber nichts kommt voran. Still stehen auch die Rostlauben auf den rund 2,50 x 3,50 großen Fotografien an den Wänden drumherum. Seit den 1980er Jahren fotografiert Eberhard Bosslet verrostete, verbrannte, ausgebeinte Autowracks in den halb paradiesischen, halb wüstenhaften Landschaftspanoramen der Kanarischen Inseln, in Gomera. Wunderschöne wortlose Meditationen sind das über Zeit und Vergangenheit, über die komplexe Dialektik von Schönem und Hässlichem und ein lakonischer Kommentar auf das spanischen Umweltbewusstsein.

Bekannt geworden ist Eberhard Bosslet vor allem durch für seine Installationen, die mit großformatigen Skulpturen aus groben Fertigteilen des Baugewerbes in vorhandene Räume eingreifen. Nicht ohne Ironie nennt sich eine dieser Arbeitsgruppen „Unterstützende Maßnahmen“. Als gält es eine einstürzende Decke abzustützen, steht ein mächtiges Dingsda mitten im Raum auf einem Sockel aus Holz und Metall drücken ausziehbare Stützstempel eine dicke Lage gelber Holzplatten nach oben. Eine rohe Riesenplastik aus Verschalungsmaterialien des Baugewerbes.
Ist das kunstvoll konstruiert nach dem Lego-Prinzip und zusammengefügt.
Skulpturen, die am Ende der Ausstellung dann wieder in ihre Einzelteile zerlegt und den ausleihenden Firmen zurückgegeben werden, falls sich kein Käufer findet. Dies ist eine äußerst Ressourcen- und umweltfreundliche Art der Kunstproduktion und von verblüffendem ästhetischen Reiz. Noch schöner ist übrigens eine zwei mal sechs Meter mächtige, gelb-rote Barriere im Raum nebenan. Diese Dinger da sehen aus, als hätte Bosslet die Mutter aller Readymades noch zwei Schritt weiter gedacht und sozusagen zu Duchamps Urinal, noch die Rohre und jede Menge anderes Material besorgt und zu verblüffen anmutigen Skulpturen zusammengebaut.
Komplett aus Ready Mades besteht auch eine relativ neue Werk Gruppe.
Seit einigen Jahren baut Eberhard Bosslet temporäre Skulpturen aus Einkaufswägen von Supermärkten. Im Saarlandmuseum hat er gleich 100 auf den Kopf gestellt und so miteinander verkoppelt, dass sie einen Kreis von 10-12 Metern Durchmesser bilden. Einen wuchtigen geschlossene Kreislauf des Handels, einen ebenso ironisch-spielerischen und unüberwindlichen Ringwall des Konsums.