Redaktion Viernheimer Tageblatt btr vom 24.9.2002

Zum Nachdenken anregen
Veranstaltung: Neue Rauminstallation von Eberhard Bosslet
VIERNHEIM ‑ Noch bis zum 2. November ist ein besonderer künstlerischer Höhepunkt zu sehen. Eberhard Bosslet, international renommierter Künstler, Teilnehmer der Documenta 8 und Kunstprofessor aus Dresden, zeigt im Gewölbekeller des Kunstvereins seine neue Rauminstallation.
Bei der gut besuchten Eröffnung fand sich kürzlich alles ein, was in der regionalen Kunstwelt Rang und Namen hat.
Der Leiter des Kunstvereins, Fritz Stier, freute sich in seiner Ansprache, einen Künstler mit solch internationaler Anerkennung in Viernheim begrüßen zu dürfen.
Dabei ist die Kunst Eberhard Bosslets keine leicht konsumierbare Kost. Aber soll denn Kunst einfach nur konsumiert werden? Soll sie nicht auch gerade herausfordern, zum Nachdenken anregen, andere Sehgewohnheiten provozieren, den eigenen Horizont erweitern? Bei der Installation "Basics" von Eberhard Bosslet trifft dies jedenfalls in vollem Maße zu. Vier Kühlschränke hängen in der Luft

Die verwendeten Installationselemente ‑entstammen nämlich ausschließlich dem häuslichen oder industriellen Bereich: Kühlschrank und Teppichboden hier, Spanngurte, Preßluft und Hebekissen dort. Um diese "Dinge des Lebens" in einen architektonisch‑funktionalen Zusammenhang zu bringen, macht sich Bosslet die rhythmische Folge der vier Gewölbepfeiler zunutze.
Gleich neben dem Treppenabgang wird man mit einer massiven Konstruktion aus vier großen Kühlschränken konfrontiert, die jeweils in die abgekehlten Kanten des Stützpfeilers eingepaßt sind und mit Zurrgurten zusammengehalten werden. Wie in einer Schraubzwinge bildet die architektonische

Form den Kern der sperrigen Ummantelung. Oder fungieren die vertikalen Gehäuse als eine Art Stützkorsett für den aufwärts strebenden Pfeiler?
Am dritten Pfeiler, weiter zurückversetzt im Raum, dafür aber farblich akzentuiert, sind zwei rote Teppichrollen mit Hilfe eines druckluftbetriebenen Hebekissens und breiter Transportgurte an die tragende Architektur "gefesselt". Weiter fällt auf, dass keine der Konstruktionen Bodenkontakt hat.
Enorme Druck‑ und Spannkräfte halten die Fremdkörper auf Distanz zum Kellerboden. Solcherart "gelüftet" wird das ausgewogene Gefüge von Tragen und Lasten und von Druck und Gegendruck überhaupt erst erfahrbar. Die Kräfte halten sich zwar gegenseitig im Gleichgewicht, doch wird damit zugleich das innere Spannungsfeld der Skulptur spürbar.
Die Stabilität des Gebildes funktioniert nur durch äußeren und inneren Druck und nur in einem bestimmten Bereich zwischen Zuviel und Zuwenig. Einsturz oder Bersten als ständige Bedrohung weist dem System die Grenzen.
Die Liebe zu den Installationen entdeckt

Eberhard Bosslet stammt aus Speyer und hat an der Hochschule der Künste in Berlin bei Raimund Girke Malerei studiert. Ende der 70er‑Jahre entfaltet sich sei­ne Kunst immer mehr in den Raum, er wendet sich der Bildnerei und Installationen zu. 1987 war er mit einer Ar­beit aus der Werkgruppe "Un­terstützende Maßnahmen" an der Documenta 8 in Kassel beteiligt. Seit 1997 lebt und arbeitet Eberhard Bosslet in Dresden, an der dortigen Hochschule für, Bildende
Künste hat er eine Professur für Skulptur und Raumkon­zepte. Btr

Die Ausstellung ist noch bis zum 2. November im Kunstverein Viernheim zu sehen. An diesem Tag findet auch eine Finissage mit Künstlergespräch statt. Hier ist dann nochmals Gelegenheit, mit dem Künstler über seine Arbeit zu sprechen.