D- tf: Sprödes aber schönes Werk, Rhein Main Presse, 20.10.95

Gebunstagskind Hypo-Bank schenkt Landesmuseum zeitgenössiche Skulptur

tf. - Normalerweise lassen sich Geburtstagskinder an ihrem Ehrentag beschenken, die Hypo-Bank drehte den Spieß jetzt um und beschenkte das Landesmuseum mit moderner Kunst. Anlaß war der fünfundzwanzigste Geburtstag der Mainzer Filiale der Bank.
"Welthandel II" ist der Name des Objekts, ein raumfüllender Block aus vorgefertigten Euro-Paletten und maßgezimmerten Kisten, zusammengehalten durch dunkle Metallbänder. "Wesentliche Komponente meiner Arbeit ist das Umnutzen fertiger Industrieprodukte", erklärte Eberhard Bosslet Schöpfer des Kunstwerks. Dr. Hans Fey, Vorstandsvorsitzender der Hypo-Kulturstiftung, war recht angetan von der sperrigen Plastik; er forderte die zahlreichen Gäste auf, ihre Voreingenommenheit fallenzulassen und ihre Neugierde zu entfalten, wenn sie dieses "spröde, aber sehr, sehr schöne Werk" betrachten.
Im Gegensatz zur früher üblichen Praxis als die Spender die Auswahl des Künstlers trafen, war Eberhard Bosslet ein Wunschkandidat des Landesmuseums. Dr. Sigrun Paas, stellvertretende Leiterin des Museums hob die "ausgeklügelte Intelligenz" des Objekts hervor. Die Wurzeln Bosslets sah sie in der "Minimal Art" und "die ist in unserem Hause bisher nicht vertreten". Paas mußte einräumen, daß das Landesmuseum, was die Kunst vom Ende des 20. Jahrhunderts angeht, etwas karg ausgestattet ist, aber wir versuchen, neue Zeichen zu setzen." Sie verwies aber auch auf die im nächsten Jahr drohende Mittelkürzung von 38 Prozent. In ihrer Studienzeit habe sie geglaubt, Kunst und Kommerz gehören nicht zusammen, mittlerweile habe sie gelernt, daß die beiden schon immer "die besten Partner waren", so Dr. Paas. Mit Geldern des Museumsfonds der Hypo-Kulturstiftung wurden in den vergangenen Jahren bereits 29 deutsche Museen mit Werken junger Künstler bedacht. Über die hiesigen Verhältnisse der Hypo-Bank sprach Lothar Broda, Geschäftsbereichsleiter der Mainzer Filiale, für das musikalische Rahmenprogramm sorgte das Gabriel Fauré-Trio.