Wuppertaler Nachrichten, 9.3.1991, TH

Skulptur oder Monument

Ausstellung von Eberhard Bosslet im Kunstraum

„Ich bezichtige mich wider besseren Wissens Materialien verwendet zu haben, die bei ihrer Herstellung und Verarbeitung Menschen geschadet haben.“ So lautet die letzte Anmerkung im Katalog zu einer Ausstellung Eberhard Bosslets. Seine Materialen nimmt er aus der Industrie - für die Ausstellung im Kunstraum vom Bau.
Bosslet, in Duisburg lebender Künstler, Jahrgang 53, studierte an der freien Berliner Akademie der Künste bei Raimund Girke; in internationalen Ausstellungen, unter anderen auch in Amsterdam und New York, sind seit 1981 seine Exponate zu sehen.
Im Wuppertaler Kunstraum ist derzeit eine unbetitelte - ist es eine Skulptur, ein Objekt, ein Monument? - Arbeit, sowie eine Fotoserie von Bosslet installiert. Im Innenraum des zweigeschossigen Kunstraums hat Bosslet in viereckiger Grundanordnung, circa vier mal drei Meter groß, je zwei Gußformen für Betonwände und Deckenstützen auf dem Boden liegend angeordnet, an und in die Gußformen Beton gekippt. Im Baugewerbe werden diese Elemente als Stützen für Wände respektive Decken benützt, hier liegen sie. Warum?
„Normalerweise werden mit Hilfe dieser Materialien Häuser geschaffen, daß heißt Innenräume, Volumen. Meine Art der Verwendung erzeugt auch Volumen, jedoch in einem anderen Sinn. Raum wird hier mit alten Mitteln neu definiert.“ Bosslets Arbeit wirkt durch die nahezu graphisch-symetrische Anordnung der Teile, die Sorgfalt der Ausführung der Gesamtkonzeption ästhetisch und verfehlt eine verfremdende, ans absurde anmutende Wirkung nicht. Die Neudefinition von Raum ist gelungen, in diesem Fall mit unschädlichen Mitteln...
In der Galerie des Kunstraums sind schwarz-weiß Fotographien („Dokumente, keine Kunst!“) angebracht, die weitere Kunstwerke Bosslets zeigen: Industrieruinen, teilweise erinnernd an Bunker oder Pyramiden, deren Außenkanten mit weißer Farbe bemalt sind Dadurch wird ebenfalls ein gewohnter Zusammenhang durchbrochen: die Zeit des ursprünglichen Gebäudes ist abgelaufen, es verfällt. Durch die Bemalung und das neue Aussehen gewinnt es Aktualität, ist dem Zeitfluß entrissen. Die „Handschrift“ Bosslets ist auch bei diesen Arbeiten unverkennbar Ästhetik vermittels symetrischer, nahezu graphischer Linien.

Die Ausstellung ist bis Ende März im Kunstraum, Friedrich-Ebert-Str 191 zu sehen.

TH