DE - Lülf, Barbara, Seit Lehmbruck, Stadtarchiv Duisburg, S. 138/139 und 307, 2008

Eberhard Bosslet
Ob Bilder, Wand- und Bodenobjekte oder raumbezogene Arbeiten, immer sind es die verschiedenen Möglichkeiten im Verhältnis zwischen Fläche und Raum, die Eberhard Bosslet in seinen Arbeiten untersucht. Immer sind es konkrete Räume, mit denen er sich in seinen Rauminstallationen und Arbeiten im Außenraum auseinander­setzt, in sie eingreift, "Unterstützende Maßnahmen" vornimmt oder "Barrieren" bil­det. Immer sind es vorgefundene oder vorgegebene Materialien, Gegenstände der Bauindustrie oder des Büroalltags, die der Künstler unverändert übernimmt und im Kunstwerk zu einem in sich geschlossenen, funktionalen Beziehungsgeflecht zusammenführt. Immer haben seine Arbeiten auch eine gesellschaftliche Bedeutung.
Ausgangspunkt aller späteren, raumbezogenen Arbeiten bilden die "Interventio­nen/Eingriffe in Außenräume", die im Jahre 1981 einsetzten. Es waren zumeist leer stehende, fragment- und ruinenhafte Gebäudekomplexe, denen Eberhard Bosslet seine Aufmerksamkeit schenkte. Mit Farbe umriss er ihre Formen, offenbarte ihre Struktur, spürte markanten Punkten nach, entriss sie für einen Moment der Verges­senheit und Achtlosigkeit, erinnerte an ihre Geschichte, gab sich dem Geheimnis des Ortes hin, bezeichnete den Zustand seines Verfalls, verwies auf seine mögliche Nutzung. Die Interventionen waren stets von begrenzter Dauer, nur so lange zu sehen, bis auch sie der Vergänglichkeit anheim fielen.
Im Jahre 1985 begann Eberhard Bosslet eine seiner umfassensten Werkreihen, die "Unterstützenden Maßnahmen". Der Titel will wörtlich verstanden werden. Der Künstler mißt den betreffenden Raum genau aus. Diesem ersten Schritt folgt der Einbau der Installation. Sie wird entweder mit Stützen und Rasterschalungselementen erstellt oder vorgefundene Gegenstände werden mittels Stahlrohr-Deckenstützen zwi­schen Decke und Boden eingespannt. Physikalische Kräfte - Spannung, Gewicht, Schwerkraft - bestimmen Struktur und Stabilität der Konstruktionen. Ihr Bezie­hungsgeflecht und ihr stabil-labiles Gleichgewicht verweisen auf die Situation des Menschen in der heutigen Gesellschaft.
Im Auftrag der Stadt Duisburg gestaltete Eberhard Bosslet den im Jahre 2000
fer­tig gestellten U-Bahnhof "Auf dem Damm". Hier treffen Kunst und Alltag in ihren zentralen Punkten zusammen. "Mobilität als urbane Konstante menschlicher Existenz" war das Leitmotiv dieser Arbeit. Unter dem Titel "Kommunizierende Ver­bindungen" entwickelte der Künstler ein Gesamtkonzept: bestehend aus dem Photo "Tunnelröhre im Bau" und der Graphik "Verkehrswegeplan" an der Stirnwand des Treppenabgangs sowie zweier Hinterglasbilder an den Wänden entlang der Bahn­steige: vertikale Streifen im mittleren Bereich des Bahnsteigs mit seinem Kommen und Gehen, seinem Auf und Ab; Verdichtung und Bündelung der Formensprache, wo Treppen und Aufzüge beginnen und enden, horizontale Streifen im Endbereich des Bahnsteigs, wo der Bahnhofsraum in die Tunnelröhre übergeht, wo Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung wechseln. Das durchlaufende Mittelband mit dem Bahn­hofsnamen "Auf dem Damm" verbindet als zentrale Achse.
Barbara Lülf