Rede zur Ausstellung im Oktogon & Bibliothek der Hochschule für Bildende Künste Dresden, Juni 1997, von ULRICH SCHIESSL

Lieber Herr Bosslet,

wiewohl wir dies in kleinstem Kreise bereits kurz nach Ihrer Berufung zum Professor für Bildhauerei an unsere Hochschule getan haben, mitten in den Semesterferien, so stand bis jetzt eine Begrüßung in unserem Haus, so wie sie sich gehört, noch aus. Sie haben nun die Nachfolge von Professor Gerd Jaeger angetreten.
Sie sind meiner Einladung gefolgt und haben sich bereiterklärt, zu diesem Anlaß eine Auswahl aus Ihren Arbeiten im Oktogon für eine Zeit zu zeigen. Ich danke Ihnen sehr herzlich dafür. Es ist dies die zweite Vorstellungsausstellung und ich freue mich, daß Sie mit beitragen, daß diese Art des Empfangs neuer Professorinnen und Professoren zu einer guten Tradition werden könnte.
Ich darf Sie also nun offiziell als neues Mitglied in der Hochschule für Bildende Künste begrüßen und möchte Sie herzlich willkommen heißen. Ich wünsche Ihnen im Namen des Rektoratskollegiums und aller Kolleginnen und Kollegen gute Kontakte, gute Zusammenarbeit und allen Erfolg in Ihrer Arbeit mit den Studierenden und daraus gute künstlerische Ergebnisse. Die Studierenden haben lange auf den neuen Lehrer gewartet, in einer selbstorganisierten Fachklasse X, die nun Fachklasse Bosslet heißt und in der und von der durch Ihre eigene künstlerische Position und durch Ihre Anregung und Lehre neue Impulse ausgehen mögen.
Ich möchte Sie kurz vorstellen, wiewohl ich weiß, daß Sie viele unter uns schon gut kennen. Ich weiß auch, daß die wenigen Worte im Telegrammstil unmöglich genügen, Sie als Künstler vorzustellen.
Sie sind 1953 in Speyer in der Pfalz geboren. Sie haben an der Hochschule der Künste in Berlin bei Raimund Gierke 1975 bis 1982 Malerei studiert. Am Ende der siebziger Jahre wandten Sie sich mit Installationen und Bildnereien verstärkt dem Raum zu. In diesem künstlerischen Arbeitsbereich begründeten Sie Ihren internationalen Ruf. Die Rohstoffe Ihrer Arbeiten sind Industrieprodukte, Halbzeug für weitere Produktion, Bauarmierungsmaterial und andere Hilfs- und Ausrüstungsinstrumente der Bauindustrie wie Schalungsgeschirr, Stützelemente, dann Büroinventar, Hubkissen und andere pneumatische Apparate. An den wenigen Objekten in dieser Präsentation wie Mutual, Bypass, Universal, Zahlen und Befehle wird deutlich, wie solche vorgefertigte Elemente neue Verbindungen und Funktionen eingehen und ihre Bedeutung verändern.
Diese Arbeiten sind mobile Objekte, die Sie hier im Oktogon räumlich organisiert haben. Andere Arbeiten kommen ohne die direkte Beziehung zur Architektur als Umraum nicht aus und beziehen sie physisch mit ein, indem sie sich zu Boden, Decke und Wand verspannen, sie unterstützen, sie unter Druck setzen. Sie haben sich in langen Aufenthalten in Spanien seit den achtziger Jahren mit Architektur, Industrieruinen als Arbeitsmedium im Umfeld der Landschaft beschäftigt.
Diese Arbeiten zwischen 1983 und 1990 tragen als Werkreihe den Titel „lnterventionen/Eingriffe in Außenräume“. Durch Konturierung und Strukturierung solcher Architekturelemente mit weißer oder schwarzer Farbe bezeichnen sie diese und versetzen sie dait durch Herauslösen, neu erkennbar geworden in ihre Umgebung zurück. Dieses Spektrum Ihrer Arbeit werden wir heute in dieser Präsentation nicht gewahr. Wir werden heute ebenso nicht gewahr, daß auch Malerei elementar und wesentlich in Ihr künstlerisches Schaffen gehört. Sie steht in enger Verbindung zu ihrem gesamten Arbeitsspektrum und leugnet keineswegs, wie Messler in einem Ihrer Katloge schreibt, die Verbindung zur Architektur und zu den dreidimensionalen Arbeiten.
Sie haben Ihre Arbeiten seit 1981 in zahlreichen Einzelausstellungen und noch zahlreicheren Ausstellungsbeteiligungen in Deutschland, Holland, Spanien, Frankreich, den Vereinigten Staaten und in Australien zeigen können. Ihre nächste Einzelausstellung wird 1998 in der Kunsthalle Mannheim stattfinden.
Seit zwei Monaten sind Sie nun in der Hochschule in Dresden. Daß Sie Ihrer Arbeit an der Hochschule Bedeutung zollen, wird auch darin deutlich, daß Sie mit Ihrer Familie Ihren Wohnsitz und Ihren privaten künstlerischen Arbeitsplatz von Duisburg nach Dresden verlegen und Sie in Duisburg gute Arbeitsmöglichkeiten lassen. Wir wünschen Ihnen, daß Sie mindestens so gute Arbeitsmöglichkeiten wieder hier in Dresden finden. Wir wünschen aber ganz besonders Ihnen lieber Herr Bosslet und Ihrer Familie gutes Eingewöhnen in Dresden.
Ich möchte Sie nochmals bei uns herzlich willkommen heißen und mit längeren Worten nicht die Zeit versäumen, die man besser nun mit Ihnen bei einem Glas Wein im Gespräch verbringt. Denn dazu sind wir eigentlich heute zusammen gekommen.