Heilbronner Stimme. 9.9.1995, von CLAUDIA IHLEFELD

Kunstverein Heilbronn zeiqt Eberhard Bosslets Proiekt “Planen“
Im Labyrinth der Teppichstangen


Seit 1987, als der Heidelberger Kunstverein Bilder von Eberhard Bosslet zeigte, ist die Ausstellung „Planen“ in der Heilbronner Kunsthalle in der Harmonie wieder die erste Schau, die mit großformatigen Wandbehängen Arbeiten aus dem malerischen Schaffen des Künstlers vorstellt. In den vergangenen Jahren hat sich Bosslet in erster Linie mit sogenannten Interventionen, also Eingriffen, in Landschaften, Räume, in vorgegebene architektonische Situationen einen Namen gemacht.
Am Sonntag, l0. September, 11 Uhr, eröffnet der Kunstverein Heilbronn die erste Herbstausstellung. Dazu erscheinen ein Katalog sowie ein Multiple. Aufsehen erregte bereits im Vorfeld der Aufbau des gelben Turms vor der Kunsthalle der Teil des Gesamtprojekts „Planen“ ist. Ein markantes Beispiel für die aus Industriematerialien bestehenden Bauten Bosslets, eine raumgreifende Plastik im Stadtgarten, ein sinnlich-konkreter Eingriff. Der begehbare Turm mit einem Durchmesser von 3,50 Metern ragt über zehn Meter in den Heilbronner Himmel empor. In der Kunsthalle hängen bis 22. Oktober Bosslets zwischen 1989 und 1995 entstandene Wandbehänge, die der 1953 in Speyer geborene Künstler als Malerei versteht: nicht im Sinne des traditionellen Gattungsbegriffs, sondern als ästhetische Haltung, jenseits von Farbtube und Pinsel. Die Wandbehänge – über Schnüre und Stahldrähte gezogen und angebracht oder freihängend an einer Art Teppichstange – sind aus farbig-opaken, aus durchsichtigen und plastifizierten Segeltuchflächen oder Zelt- und Lastwagenplanen, die miteinander vernäht wurden. Banale Stoffe im Grunde. Eigentlicher Bildträger ist immer die Wand, die Ausschnitte zeigt oder selbst zum Ausschnitt wird.
Die Bildelemente Fläche, Linie, Farbe und Form erinnern in ihrer rechtwinkligen Anordnung an Konstruktionspläne, Leitungs- und Wegesysteme oder labyrinthafte Grundrisse. Der Betrachter im lichtdurchfluteten Ausstellungsraum in der Kunsthalle Harmonie fühlt sich beim Anblick der ungewöhnlichen Wandbehänge wie in einem geschlossenen Schaltkreis.