Heilbronner Stimme, Okt. 1995 von ANDREAS SOMMER

Im Bann der Schürzen

Kunstverein eröffnet Eberhard Bosslets „Planen“

Mit seinem zehn Meter hohen Turm am Stadtgarten vor der Kunsthalle Harmonie hatte Eberhard Bosslet schon vor der Vernissage seiner Ausstellung „Planen“ im Heilbronner Kunstverein Aufsehen erregt und mit dieser begehbaren Plastik ein sichtbares Zeichen gesetzt. Am Sonntag vormittag erlebte der Kunstverein mit der Eröffnung der Schau den „Höhepunkt des Ausstellungsjahres“, wie es Ellen Seifermann formulierte.
Die Ausstellungsleiterin des Kunstvereins würdigte den 1953 geborenen Eberhard Bosslet als Künstler, der sich nicht auf eine Disziplin beschränkt, sondern sich auf den Gebieten Architektur Bildhauerei und Malerei souverän bewegt. Bosslet, der industriell vorgefertigte, der Arbeitswelt entnommene Materialien verwendet, wurde international bekannt durch seine Eingriffe („Interventionen“) in vorgegebene Architekturen und den öffentlichen Raum.
Charakteristisch für das Werk Bosslets ist Ellen Seifermann zufolge eine gezielte, durchdachte, nicht emotional gefärbte Addierung verschiedenartiger Teile zu einem neuen Ganzen. Die Ausstellungsleiterin sieht Parallelen zwischen Bosslet und Wladimir Tatlin (1895 – 1956). Der russische Pionier des Konstruktivismus, von dem die ersten abstrakten Reliefkonstruktionen aus Glas, Metall und Holz stammen, habe die Grenze zwischen Kunst und Leben überschreiten wollen. Spuren dieser Utopie, so Seifermann, finden sich in Bosslets Werk.
Bosslets großformatige Wandbehänge und Schürzen aus plastifizierten Segeltuchflächen, die der Kunstverein bundesweit erstmals zeigt, sind als Malerei zu verstehen – aber nicht im Sinne eines strengen Gattungsbegriffs. Auch sie sind das Ergebnis der Montage vorhandener Stoffe und Materialien. Autonome Gegenstände, die ein Nachdenken über die Wirklichkeit in Gang setzen können.